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Macht der Gedanken
von Isabel Eiselt
Gerade an Weihnachten besinnen wir uns zurück auf den Anfang, den Anbeginn unseres Christendaseins, den Moment, da der Stein für das worauf wir heute unseren Glauben bauen ins Rollen kam. »Adventus«, Ankunft, die Ankunft unseres Herrn Jesu Christi, der nach seiner Geburt, in Windeln gewickelt, in eine Krippe gebettet, ein Säugling war wie all die anderen Säuglinge die in diesen Tagen geboren wurden. Hätte man in sein schlafendes Gesicht geblickt, die winzigen Finger betrachtet – hätte nicht Einer von uns sagen können, was aus diesem Kind einmal Großartiges erwachsen würde. Mein folgendes Gedicht ist daher ein Anstoß, den eigenen Gedanken und Ideen Flügel zu verleihen – denn weiß einer von uns, was aus diesen Gedanken und Ideen einmal Großartiges erwachsen kann?
Macht der Gedanken
Am Anfang steht ein Wüstensee
vertrocknet, leer und trist,
bis eine einsame Idee
als Tropfen sichtbar ist.
Der Wassertropfen mag vergehn
in durchsichtigem Dunst,
doch kann er auch fortan bestehn
als junge Geisteskunst.
Wird die Idee genährt, gepflegt,
dann wächst aus diesem Spross
ein durch Ideen angeregt-
es Kunstgedankenschloss.
Und dieser wachsende Palast,
der stets gen Himmel strebt,
ist von Ideen eingefasst,
von welchen dieser lebt.
Er bringt hervor in großer Zahl
Gedanken klar und hell,
und somit wird der Geistessaal
zum jungen Lebensquell.
Stets sprudelnd führt zu Neuem er.
Darunter mag fortan
auch ein Gedanke leben, der
die Welt verändern kann.
So lass in deinem Wüstensee
Gedanken stets bestehn,
denn aus der winzigsten Idee
kann Riesiges entstehn.
Isabel Eiselt ist Mitglied der Fachschaftsvertretung für evangelische Theologie der LMU.
Netterweise steuerte sie dieses Jahr kurzfristig einen zweiten Beitrag bei.
Deswegen haben wir ausnahmsweise die Regeln erweitert.
Isabels Beitrag erschien nämlich schon in ihrem Buch: ‚Im Reim daheim‘.
Bildnachweis: Foto: Berenike Schill